20.Mai 2013 | Dritter in Aarhus

Cantaloop Hamburg

20.Mai 2013 | Dritter in Aarhus

17.-20.05 2013| Aarhus

Da war sie wieder: Die Mischung aus knisternder Vorfreude und diesem ureigenen Gemeinschaftsgefühl, die sich immer dann einstellt, wenn wir gemeinsam aufbrechen, um Musik zu machen, Konzerte zu geben und neue Orte und Bühnen zu entdecken. Und unsere Fahrt nach Dänemark war in vielerlei Hinsicht eine Besondere: Nicht nur unternahmen wir zum ersten Mal in der Cantaloop-Chorhistorie eine Reise ins Ausland, sondern das Ziel war kein Geringeres als die Teilnahme am Wettbewerb des renommierten Aarhus Vocal Festival.

Wochen intensiver Vorbereitung, sorgfältiger Planung und individuellem Engagements waren dem Pfingstwochenende vorausgegangen – nun sollte es endlich so weit sein!

Der ‚Cantaloop-Geist’ zeigte bereits auf dem Weg in die zweitgrößte dänische Stadt einige seiner schönen Ausprägungen: Da machten etwa hausgemachte Glückskekse mit musikalischen Botschaften die Runde durch den Bus („Der Ton ist schon da. Du musst ihn nur noch singen.“) und wir wurden neben einer Einführung in die Welt des dänischen ‚Øl’ auch fachkundig um wichtige Ausdrücke aus der Nachbarsprache bereichert, die man als Auswärtiger im Gepäck bzw. auf den Lippen haben sollte.

Die Hafenstadt am Kattegatt empfing uns äußerst sympathisch und die ersten Gesangsdurchläufe im Innenhof des Hostels und in der beschaulichen Innenstadt zeigten: Aarhus ist ein guter Ort für ‚vocal innovation’! Nachdem wir uns offiziell angemeldet und uns einen ersten Überblick über das wunderschön gelegene Festivalgelände rund um die große Konzerthalle, das Musikhuset verschafft hatten, lockte abends das Auftaktkonzert mit drei ganz unterschiedlichen Formen von Vokalmusik. Die Dichte an hochkarätigen Chören und Ensembles, die wir im Laufe der nächsten Tage auf diversen Bühnen erleben durften, war ohnehin atemberaubend und ohrenberauschend! Die bekannten Namen wie The Real Group, Vocal Line, Rajaton oder Vox North ließen uns entweder berührt in unseren Sitzen versinken oder aber rissen uns von den Selbigen. Aber auch für viele von uns unbekannte internationale Formationen wie derGirls Choir of Mariagerfjord, die Singer-Songwriterin Nabiha, EivørPálsdóttir, Sängerin von den Färöerinseln oder das Vokaljazzensemble Touché begeisterten und hinterließen Gänsehäute am laufenden Band. Allein schon diese musikalische Bandbreite war die Reise wert!

Das AAVF lebt aber auch durch die Vielfalt seiner Workshops, die, geleitet von den Großen ihres Fachs, die verschiedenen Facetten des Chorgesangs beleuchten und uns für die weitere musikalische Arbeit in nicht unerheblichem Maße inspirierten. Bereits in der ersten Probe nach der Rückkehr setzten wir etwa die Ideen aus dem Kurs ‚all ears’ ambitioniert in die Tat um und schulten unser Gehör. Wer wollte, konnte sich in den verschiedenen Veranstaltungsstätten aber auch im Jazzgesang oder als Beatboxer versuchen – und machte nebenbei Bekanntschaften mit begeisterten SängerInnen aus aller Welt.

Natürlich hatten wir während dieser musikerfüllten Zeit einen Termin immer im Hinterkopf: Sonntag, 19. Mai, 17.00 Uhr: 15 Minuten volle Konzentration für unsere „Hingabe in drei Akten“, den Auftritt im Rahmen des Wettbewerbssingens im Rytmisk Sal. Schon im Vorfeld war klar: Die Konkurrenz aus Dänemark, den Niederlanden und Deutschland war stark. Aber wir mussten uns mit unseren drei Wettbewerbsstücken, dem „Dreiklang in C-Moll“ keineswegs verstecken: Peter Gabriels ‚Here comes the flood’, ‚Control’ von Jarle Bernhoft sowie das Pflichtstück ‚Skyfall’, Adeles Beitrag zum neuesten James-Bond-Streifen, deckten nicht nur perfekt Cantaloops musikalische Bandbreite ab, sondern präsentierten dank Christoph Gerls fabelhafter Arrangements unseren individuellen ‚Hamburger Sound’.

Auch Peder Karlsson, Mitbegründer der legendären Real Group, bei dem wir in den Genuss eines Coachings kamen, fiel dieser Sound positiv auf- und nicht nur das. Neben seinem Lob für die geschliffene englische Aussprache (Danke, David!) hob er besonders die Vertrautheit unter den SängerInnen hervor („Wie oft seht Ihr Euch eigentlich abseits der Chorprobe?“), die uns als gesamtem Klangkörper eine besondere Sicherheit beim Singen und Aufeinanderhören verschaffe. Was sollen wir sagen? Er hat wohl Recht 

Kurz entschlossen stimmten wir während des Workshops unser Wettbewerbsprogramm ohne Dirigat an- und das Ergebnis fegte uns beinahe hinweg! (O-Ton Christoph: „Das war GEIL!“) Bestärkt mit dem tollen Gefühl, punktgenau „abliefern“ zu können, ließen wir den nächsten Tag herankommen und präsentierten uns Sonntag in unserem frischen Outfit, einer Melange aus Beere, Grau und Weiß dem vollen Saal.

Aarhus_Auftritt_Dritter

Geradezu angestachelt wurden wir von Tine Fris, Sängerin bei Vocal Line und Postyr Project und eine der Macher des AAVF, die während unserer Ankündigung von ihrer ersten Begegnung mit Cantaloop im vergangenen September in der Laeiszhalle berichtete:

„Ich saß etwas müde in der Künstlergarderobe, als ich die Klänge von Cantaloop hörte. Und sofort lief ich in den Saal, denn ich merkte, dass hier gerade etwas ganz Besonderes geschah, das ich nicht verpassen wollte. Und ich wünsche mir, dass Cantaloop diese Magie auch heute zeigen wird.“

Bei dieser Vorlage kann man eigentlich nur alles geben- und nach dem Verklingen des letzten Tones genossen wir hochzufrieden den langen Applaus des Publikums. Geschafft! Nun hieß es: Abwarten, Konzerte hören, Entspannen, Falafel essen.

Pünktlich fanden wir uns dann zur Bekanntgabe der Wettbewerbsergebnisse um 23 Uhr im Ridehuset auf dem Festivalgelände ein. Die ersten drei Preisträger wurden in Anwesenheit aller Chorleiter auf der großen Bühne verkündet. Wir trauten unseren Ohren kaum, als die folgenden Worte in den Saal hallten:

„And the 3rd price goes to – CANTALOOP!”

Hätte es Sonderpreise für den lautesten Jubelschrei oder besonders ausgelassene Freudentänze von Chor und Chorleiter gegeben: Wir hätten sie vermutlich beide bekommen. Der dritte Preis beim AAVF war und ist für uns nahezu unfassbar und ein wertvolles Geschenk! Unsere zahlreichen Proben, das Feilen an Details und nicht zuletzt unser Brennen für die gemeinsame Leidenschaft – all das wurde in Dänemark auf schönste Weise belohnt. Lediglich die internationale Konkurrenz aus den Niederlanden (Pitch Control) und Dänemark (Local Vocal) landete mit tollen Leistungen etwas höher auf dem Treppchen. Und so können wir nicht ohne Stolz sagen: Der beste deutsche Chor kommt aus Hamburg!

Die Nacht wurde für die meisten von uns sehr kurz, aber die Freude und das Glücksgefühl wischten alle Müdigkeit geradezu aus unseren Gesichtern. Und so bestieg ein innerlich und äußerlich lächelnder Chor am nächsten Tag den Reisebus Richtung Elbmetropole, beseelt von einem mitreißenden, emotionalen Wochenende voller Musik und Gesang. Eine Frage allerdings blieb unbeantwortet, die nicht wenigen von uns auch Tage später durch den Kopf ging:

„Wie sah mein Leben vor Cantaloop eigentlich aus?“

Aber man kann ja nicht alles wissen.

* Die Festivalteilnahme in Aarhus wurde bezuschusst durch die Kulturbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg. Wir danken der Kulturbehörde und den beteiligten Personen für die finanzielle Unterstützung und die damit verbundene Anerkennung unserer musikalischen Arbeit und unseren künstlerischen Ambitionen.